KI und ihre Auswirkungen auf das Wachstum

Mittwoch, 28. Februar 2024

Marktkommentar

KI und ihre Auswirkungen auf das Wachstum


Risikokapital und private Investitionen in KI steigen aktuell um 70 % pro Jahr. KI ist sicherlich ein großer Gewinn insbesondere für Gesellschaften, die aufgrund ihres demografischen Wandels in einigen Wirtschaftsbereichen neue Wege beschreiten müssen. Aber es gibt auch Aspekte, die den Durchmarsch von KI bremsen könnten.

       

  
    

Wird Künstliche Intelligenz dem Wirtschaftswachstum auf die Sprünge helfen?

Die jüngsten Fortschritte in der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) können zu erheblichen Veränderungen in einer Vielzahl von Branchen führen. KI kann die Produktivität, den Arbeits- und Kapitaleinsatz beeinflussen. Darüber hinaus dürften sich ihre kurzfristigen Auswirkungen erheblich von den längerfristigen unterscheiden. Auf kurze Sicht kann die KI sogar disruptive Effekte hervorbringen.    

Risikokapital und private Investitionen +70 % pro Jahr

Die weltweiten Investitionen in KI steigen exponentiell an und dies über alle Branchen hinweg, von der Fertigung bis hin zu den Dienstleistungen. Besonders die Zunahme der Ausgaben für generative KI ist signifikant. Risikokapital und andere private Investitionen in generative KI erhöhten sich zwischen 2017 und 2022 mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von mehr als 70 % pro Jahr, gemäß Daten der Stanford University.

KI steigert bereits jetzt die Produktion in einigen Branchen; Marketing, Vertrieb, Produkt- und Serviceentwicklung sowie Strategieplanung und Unternehmensfinanzierung sind hier besonders zu nennen. Die Investitionen und die dadurch zunehmende Kapitalintensität mit der Steigerung des Kapitaleinsatzes pro Beschäftigten sollten wirtschaftstheoretisch zu einem Anstieg des potenziellen Unternehmenswachstums führen.

Anlagegüter altern wegen Innovationstempo immer schneller

Doch das dürfte nur lang-, aber nicht unbedingt kurzfristig zutreffen. Neuinvestitionen erhöhen zwar den Kapitalstock, aber Abschreibungen, die den Wertverlust, wie Abnutzung, Verschleiß, Alterung, über die Nutzungsdauer wiedergeben, mindern ihn. Das rasche Innovationstempo könnte dazu führen, dass die Geschwindigkeit, mit der die Anlagegüter veralten, stark zunimmt. Die Abschreibungsrate steigt. In der Folge müsste immer mehr investiert werden, um das Kapital pro Beschäftigten auch nur auf dem aktuellen Stand beizubehalten. Aber auch diese Überlegung gilt nicht für alle Sektoren gleichermaßen.  

KI als großer Gewinn für Gesellschaften mit sich stark verändernden, demografischen Strukturen

Ob KI letztendlich menschliche Arbeit ergänzt oder ersetzt, ist derzeit eine fruchtlose Diskussion. Es ist schlichtweg noch zu früh, um ein Urteil zu fällen. Von den vielen Arten der KI werden einige schon lange genutzt. Sie unterscheiden sich in ihren Auswirkungen: „Human-in-the-Loop"-Technologien wie Software, Systeme und Maschinen, helfen Beschäftigten, ihre Aufgaben besser und effizienter zu erledigen, wodurch Zeit für Tätigkeiten mit höherer Wertschöpfung freigesetzt wird. „No-human-in-the-loop"-Technologien, wie beispielsweise Robotik, machen dagegen durch die Automatisierung von Prozessen den Einsatz von Arbeitskräften überflüssig.

Das Besondere an der jüngsten KI-Welle ist, dass sie sich von der "physischen Automatisierung", die sich auf physische Arbeitsplätze oder kognitive Routineaufgaben konzentriert, zur "kognitiven Automatisierung" ausweitet, von der kreative und kognitive Tätigkeiten betroffen sind. Nun könnten also auch hochbezahlte Berufe gefährdet sein.

Historisch gesehen werden bei großen technologischen Revolutionen zwar Beschäftigte verdrängt. Andererseits entstehen aber neue und neuartige Arbeitsplätze, so dass sich über einen längeren Zeitraum hinweg das Beschäftigungswachstum in der Regel verstärkt. Die Umschulung von Arbeitnehmern wird hier eine wichtige Rolle spielen. Für Länder, für die ein Rückgang der Erwerbsbevölkerung prognostiziert wird, könnte sich die KI als großer Gewinn erweisen.

Produktivitätssteigerung inbegriffen

Die wichtigste Determinante langfristigen Wirtschaftswachstums ist die Produktivität. Produktivitätswachstum wird im Allgemeinen auf drei Arten erreicht: durch die Verbesserung der Qualität der Arbeit, die Erhöhung des Kapitals pro Beschäftigten oder die Optimierung des Zusammenwirkens von Arbeit und Kapital, sie sogenannte totale Faktorproduktivität. Wie in den 1990er Jahren könnte die KI die totale Faktorproduktivität in der gesamten Wirtschaft erheblich steigern, da sie ein breites Spektrum von Branchen beeinflussen kann. Eine Bezifferung dieses Effekts der KI ist schwierig. Nach Studien zu den Folgen für kognitive Arbeitskräfte soll KI die Produktivität um 10 % bis 20 % anheben können (gemäß der sog. Hulton’s Theorie) . Diese Ergebnisse beschränken sich jedoch auf bestimmte Arbeitsplätze oder Branchen und sind wohl nicht auf die gesamte Wirtschaft übertragbar.

Ausblick: Hürden, Regulierung oder Missbrauch könnten den Durchmarsch von KI bremsen

Soziale, politische und wirtschaftliche Hürden könnten die rasche Verbreitung von KI behindern. Auch die Gefahren des potenziellen Missbrauchs dieser Technologie und die mögliche Notwendigkeit einer Regulierung durch die Politik sind zu bedenken. Ein besonderes Problem ist der enorme Energieaufwand. So erfordert das Training von GPT-3, das über 175 Milliarden Parameter verfügt, einem allgemeinen KI-Programm, das Sprache generieren kann, 1,287 Gigawattstunden oder etwa so viel Strom, wie 120 US-Haushalte in einem Jahr verbrauchen würden.

Langfristig aber ist es unvermeidlich, dass sich KI auf breiter Front durchsetzt und positiv auf Produktivität und Wirtschaftswachstum auswirkt. KI wird also für Investorinnen und Investoren eine wichtige Überlegung sein. Dabei dürfen diese nicht vergessen, dass die Neuerungen kurzfristig zu Disruptionen führen und die Rentabilität und Rendite in einer Reihe von Branchen beeinträchtigen werden.

  

Von Annalisa Usardi, CFA, Senior Economist, Amundi Investment Institute, und Bastian Drut, PhD, Head of Strategy and Economic Research, CPR Asset Management einer Tochtergesellschaft von Amundi.

     

 Quelleninformationen und weitere Angaben finden Sie im aktuellen Thematic Paper sowie im Amundi Research Center .

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