Richtungsweisende US-Wahl: Was erwartet die internationalen Finanzmärkte?
Die dritte Amundi Investment Konferenz dieses Jahres stand ganz im Zeichen der bevorstehenden US-Wahlen am 5. November. Selten war es in den USA kurz vor den Präsidentschafts- und Kongresswahlen so turbulent wie in diesem Jahr. Eine hochkarätig besetzte Runde renommierter Expertinnen und Experten analysierte vor rund 1.400 Online-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern, wie sich die wichtige Richtungswahl auf die internationalen Finanzmärkte sowie das Verhältnis zwischen Europa und den USA auswirken könnte.
Christian Pellis: „Amundi auch in volatilen Märkten ein starker Partner“
„Das Rennen ums Weiße Haus ist längst nicht entschieden“, betonte Gastgeber Christian Pellis zur Begrüßung. „Sicher ist bislang nur, dass mit Harris und Trump zwei völlig unterschiedliche Programme, Weltanschauungen und Politikstile aufeinandertreffen.“ Unabhängig von politischen und ökonomischen Herausforderungen an den Märkten blicke Amundi abermals auf ein erfolgreiches Quartal, so Pellis: „Wir konnten unseren Wachstumskurs fortsetzen und verzeichneten globale Nettozuflüsse in Höhe von 15,5 Milliarden Euro“, so der CEO von Amundi Deutschland. „Damit verantworten wir momentan insgesamt 2,2 Bio. Euro Assets under Management – davon allein in Deutschland 133 Mrd. Euro.“ Mit der Beteiligung an Victory Capital habe Amundi sich in den USA den Zugang zu einer wichtigen Investitions- und Distributionsplattform geschaffen. Auch mit der eigenständigen Business Entity „Amundi Technology“ setze Amundi konsequent und erfolgreich seine globale Expansions-Strategie um.
Thomas Kruse: „Abkühlung ja, aber keine Rezession“
Amundi Deutschland CIO Thomas Kruse betonte in seinem Marktausblick: „Wir beobachten, dass sich der Marktfokus nun weg vom Thema Inflation und hin zur Beobachtung der Konjunktur verlagert.“ Trotz erhöhter Sensibilität für die schwindende Dynamik der US-Wirtschaft erwarte man aber keine Rezession. Angesichts der Aussicht auf weitere Leitzinssenkungen durch die Notenbanken blieben hinsichtlich möglicher Kurssteigerungen zudem die Anleihemärkte weiter attraktiv, so Kruse. Auch bei den Aktien gäbe es, neben den weiter starken Kursen, positive Signale: „Beispielsweise baut sich gerade die längere Dominanz weniger Big-Tech-Titel – etwa im S&P 500-Index – ab“, erläuterte der renommierte Stratege, „die momentane Rotation über verschiedene Segmente hinweg bewerten wir als gesund.“ Die Investitionsbasis würde sich auf diese Weise wieder verbreitern.
Johanna Handte: „Bye, Bye Inflation“
Die Chefstrategin und CIO der Bethmann Bank, Johanna Handte, ging in Bezug auf einen neuen Marktfokus sogar noch einen Schritt weiter und sah „nach den Worten des Fed-Chefs Jerome Powell das Inflationsgespenst als vorerst besiegt“ an. „Wir rechnen für 2025 nur noch mit einem Preisauftrieb von 2,1% und sind damit auf der Zielgeraden zum 2%-Ziel“, so Handte. Dennoch erwarte sie – wie Thomas Kruse – keine Rezession in den USA, nicht zuletzt wegen starker US-Konsumenten, die auch bislang die dortige Volkswirtschaft so „resilient“ gemacht hätten. Für ein Wiedererstarken von Multi Asset-Strategien zeigte sich Handte optimistisch, denn: „Mit der Rückkehr sicherer Staatsanleihen als stabile Säule und den derzeit weiter intakten Chancen der Aktienmärkte haben Mischfonds wieder gute Renditeaussichten“, so die erfahrene Expertin.
Dr. Josef Braml: „Ob Trump oder Harris – beide werden amerikanische Interessen vertreten“
Dr. Josef Braml, USA-Kenner und Europa-Direktor der Trilateralen Kommission, sah trotz der aktuellen Umfragevorteile für Kamala Harris das Rennen um die Präsidentschaft weiter offen: „Donald Trump kann man die Kampfeslust nicht absprechen – sollten im Herbst ökonomische Themen den Wahlkampf dominieren, könnte er erneut das Rennen machen.“ Unabhängig davon ob Harris oder Trump die Präsidentschaft gewinnen sollten, mahnte er die Europäer zu Einigkeit: „Beide werden amerikanische Interessen durchsetzen wollen, da sollten wir uns keine Illusionen machen.“ Wenn die Europäer nicht „weltpolitikfähig“ werden, so der Geo-Ökonomie-Experte, dann geraten sie zwischen die Fronten der sino-amerikanischen Rivalität, die nach den US-Wahlen verstärkt werden wird. In einer zweigeteilten, de-globalisierten Welt würden europäische Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt.
Helen Windischbauer: „US-Märkte könnten volatiler werden“
Helen Windischbauer, Head of Multi Asset Solutions bei Amundi, analysierte, dass sich die Märkte zwar aktuell noch nicht besonders mit der US-Wahl beschäftigt hätten, doch die Volatilität mit dem Näherrücken des Wahltermins steigen dürfte. Sie gab auch zu bedenken: „Aus europäischer Sicht mag uns Kamala Harris lieber sein, allerdings könnten die Märkte auf einen Präsidenten Trump sogar positiv reagieren.“ Derzeit untergewichte man in den Portfolios US-Aktien zugunsten von Europa wegen der konjunkturellen Abschwächung in den USA, doch man werde sehr genau beobachten, ob neue Impulse im Zusammenhang mit der Wahl den US-Markt „pushen“ könnten.
Prof. Dr. Dr. h.c. Lars Feld: „US-Rivalität zu China stärkt Europas Stellung als Verbündeter“
Der Direktor des Walter-Eucken-Instituts, Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld, lenkte den Blick auf die generell besseren Rahmenbedingungen für Unternehmen in den USA: „Seit der Finanzkrise 2007/2008 hat Deutschland innerhalb der G7-Staaten deutlich an Attraktivität verloren, die USA haben hingegen stark gewonnen.“ Zwar müssten Deutschland und Europa mit guter Standortpolitik im Wettbewerb zu den Vereinigten Staaten bestehen, doch: „Die neue, geopolitische Blockbildung mit China, Russland, Iran auf der einen Seite, den USA und ihren Verbündeten auf der anderen Seite, sowie selbstbewussten Blockfreien wie Indien dazwischen erfordert Kooperation zwischen Europa und den USA – unabhängig davon, wer gerade US-Präsident oder US-Präsidentin ist.“
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