Auf der jüngsten Amundi Investment Konferenz gab Amundi Deutschland CIO Thomas Kruse einen vorsichtig optimistischen Ausblick auf das vierte Quartal dieses Jahres. Im Interview betonte er – angesichts vielfach erwarteter Volatilität an den Märkten – die Stärken von breit diversifizierten Portfolios und Multi-Asset-Strategien.
Herr Kruse, die Notenbanken haben nun die Zinswende eingeleitet. Heißt das, die Inflation gilt bereits als überwunden?
Ob sie nachhaltig überwunden bleibt, wird sich erst zeigen. Jedenfalls sehen wir auch an den aktuellen und prospektierten Zinssenkungen, dass sich der Marktfokus weg vom Thema Inflation und hin zur schwächelnden Konjunktur verschiebt. Eine mögliche Rezession in den USA wurde ja lange durch einen robusten Arbeitsmarkt und starke Konsumenten mit hohen Rücklagen in Schach gehalten. Doch seit Sommer deuten einige Parameter auf eine konjunkturelle Eintrübung hin. Um das aber klar zu sagen: Mit einer Rezession rechnen wir nicht. Die USA werden nach unserer Einschätzung dieses Jahr rund 2,5% wachsen und nächstes Jahr immerhin noch 1,8%.
Wie wirken die Leitzinssenkungen nun auf die Anleihekurse?
Der Markt erwartet sowohl in den USA wie Europa noch weitere Zinsschritte nach unten. Das birgt für viele bestehende Anleihen weiteres Kurspotenzial. Auch sehen wir, dass sich die Anomalie inverser Zinskurven in den USA und Europa gerade wieder umkehrt und damit normalisiert. Auch das bewerten wir positiv. Die Rentenmärkte bleiben also attraktiv, was im Übrigen auch klassische Multi-Asset-Portfolios mit signifikantem Anleiheteil wieder begünstigen dürfte.
Die Aktienmärkte laufen weiter recht gut. Auf was sollten Anlegerinnen und Anleger jetzt achten?
Eine wichtige Entwicklung ist beispielsweise, dass die lange Dominanz weniger Big-Tech-Titel, etwa im S&P 500-Index, zu einem Ende kommt. Seit Juli stellen wir hier eine Rotation über wieder verschiedene Segmente hinweg fest. Ein Trend, den wir als gesund erachten, weil sich so die Investitionsbasis wieder verbreitert.
Glauben Sie, es gibt im letzten Quartal noch eine Jahresendrallye an den Aktienmärkten?
Ich bin zwar grundsätzlich verhalten optimistisch dafür, gebe aber zu bedenken, dass wir bereits rekordhohe Aktienkurse haben. Es wird sich nun mit Blick auf die Konjunkturdaten, aber auch Arbeitsmarkt- und Gewinnzahlen zeigen, wieviel Luft nach oben da noch möglich wäre. Auch die US-Wahl ist ein gewisser Unsicherheitsfaktor, der in die eine oder andere Richtung wirken könnte. Auf der anderen Seite bieten – bedingt durch die Zinssenkungen wichtiger Zentralbanken und dem konjunkturellen Impuls aus China – Teile des Marktes noch Aufholpotenzial, die bislang noch nicht so stark profitiert haben.
Könnte das Trendthema Künstliche Intelligenz weiter interessant für Anleger sein?
KI ist generell ein wichtiges Thema und ein ungebrochener Trend, vor allem langfristig. Im zweiten Halbjahr sehen wir aber, dass der KI-Markt nun mehr in die Breite geht und die Fokussierung auf exponierte Pioniere wie Chat GDP zurückgeht. Es werden allerdings nicht alle KI-Unternehmen ihre Preise auf Dauer halten können, weshalb Investoren nun selektiver werden dürften. Zudem befinden wir uns in einer Art Zwischenphase, die aktuell mehr für Value-Titel oder defensive Sektoren spricht.
Wie steht es mit Währungen wie dem US-Dollar oder Gold?
Bei den Währungen sollte man abwägen: Viele Notenbanken der BRIC-Länder wollen sich zunehmend vom US-Dollar abkoppeln. Klar ist auch, die US-Verschuldung könnte 2030 auf rund 140% anwachsen. Aber deshalb können wir heute nicht gleich von einem „schwachen Dollar“ sprechen. Die US-Währung bleibt offenkundig die Krisenwährung schlechthin, Rohstoffgeschäfte werden in ihr abgewickelt – auch der Euro steht momentan nicht gerade für Stärke. Und für Gold galt schon immer, was wir auch aktuell angesichts neuer Allzeithochs bestätigt sehen: Das Edelmetall ist ein sicherer Hafen bei geopolitischen Krisen und insofern stets einen Gedanken zur Absicherung eines Portfolios wert.
Es kommt also wie meist auf die richtige Mischung an?
Genau, deshalb auch unser Fokus auf Multi-Asset-Strategien. Ich würde sagen, Aktien gehören aktuell ebenso in ein ausgewogenes Portfolio wie Anleihen – insbesondere, weil die Korrelation der beiden Anlageklassen wieder negativ ist und sie sich deshalb recht gut ausgleichen können. Dazu könnte man bei Aktien regionale Aspekte berücksichtigen. Beispielsweise ist Europa im Vergleich zu den USA zurzeit recht günstig bewertet. Eine Beimischung von Rohstoffen und Gold sorgt für weitere Diversifikation. So ist man auch in volatilen Märkten gut aufgestellt.
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