Aktien und auch Rohstoffe wie Gold erreichten im Mai historische Höchststände. Die Aktienrallye weitete sich auf Europa, das Vereinigte Königreich und China aus, nachdem die US-Notenbank den Weg für Lockerungen geebnet hatte. Auch die US-Inflation trug zur guten Stimmung bei. Auf der anderen Seite fielen die Unternehmensgewinne in den USA und Europa besser aus als erwartet. 

Makroökonomisches Bild

In nächster Zeit dürften die Zentralbanken das Verhältnis zwischen Inflation und Wachstum, die Ertragsstärke und die geopolitischen Risiken, sowie die Weltwirtschaft und die Märkte bestimmen:

  • Leicht verbesserter Ausblick. Wir heben unsere diesjährigen Wachstumserwartungen für die Eurozone und das Vereinigte Königreich aufgrund der Binnennachfrage und der nachlassenden Inflation an. Die USA dürften in der ersten Jahreshälfte stabil bleiben, aber das nachlassende Lohnwachstum und Zahlungsrückstände der Konsumenten könnten die Wirtschaft in der Folge belasten
      
  • Vorübergehende Entkopplung der Fed von Europa. Der Rückgang der Inflation in Europa und im Vereinigten Königreich sollte es den Zentralbanken ermöglichen, die Zinssätze zu senken, möglicherweise noch vor der US-Notenbank Fed. Die Inflationsdaten in den USA sind für die Entscheidung der Fed über den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung auschlaggebend. Wir rechnen in diesem Jahr mit Zinssenkungen von 75 Basispunkten.
        
  • Die geopolitische Rivalität zwischen den USA und China erfordert ein strategisches Umdenken in Europa. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Europa von den USA oder China völlig entfremden wird, da beide für den Handel wichtig sind. Die Region muss auch ihre Prioritäten in Bezug auf fiskalische Impulse und Nachhaltigkeit, niedrige Produktivität – im Vergleich zu den USA – und Investitionen im Zusammenhang mit dem grünen Wandel, der die fiskalische Lücke schließen könnte, ausbalancieren.
          
  • Gemischtes Bild für China. Vorübergehende Entlastungsmaßnahmen zur Ankurbelung des Immobiliensektors lösen nach unserer Auffassung das Hauptproblem der schwachen Nachfrage nicht. Die Exporte waren jedoch ermutigend, was uns dazu veranlasst, diese beiden Faktoren im Auge zu behalten.

Assetklassen-Einschätzungen

Die Märkte werden sich voraussichtlich innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen, wobei es zu Volatilitätsschüben kommen kann, wenn sich die Inflation beschleunigt oder die geopolitischen Risiken eskalieren. Die Entwicklung der verschiedenen Anlageklassen sehen wir wie folgt:

  • Anlageklassen-übergreifende Perspektive: Da sich das spätzyklische Umfeld bestätigt, bleiben wir für Aktien leicht positiv gestimmt, mit einigen regionalen Anpassungen. Bei den Industrieländern gehen wir gegenüber Japan von einer positiven zu einer neutralen Haltung über. Wir sehen Spielraum für eine Neugewichtung zugunsten des Vereinigten Königreichs, europäischer Small Caps – also kleiner Unternehmen – und der USA. Während die USA starke Unternehmensgewinne aufweisen, dürfte Europa von dem moderat robusten wirtschaftlichen Umfeld und den Zinssenkungen profitieren. Bei Staatsanleihen sind wir für die USA und Kerneuropa sowie für Italien positiv gestimmt. Bei den Unternehmensanleihen sind die Bewertungen im Euro-Investment-Grade-Bereich, also bei Euro-Anleihen guter Bonität, attraktiv. Wir halten auch Ausschau nach selektiven Chancen in den Schwellenländern und sehen Öl als Schutz vor geopolitischen Risiken.
     
  • Anleihen: Wir behalten aufgrund der nachlassenden Inflation in den USA unsere konstruktive und aktive Haltung für US-Staatsanleihen bei. Während wir für britische Staatsanleihen positiv gestimmt sind, bleiben wir für Europa neutral und für Japan zurückhaltend. Die Anleihemärkte haben die Neuemissionen in den USA in diesem Jahr sehr gut aufgenommen, dank der attraktiven Renditen, die derzeit erzielbar sind, bevor die Fed die Zinsen senken dürfte. Dies ist ein wesentliches Risiko, denn falls die Inflation hartnäckig bleibt, könnte die Fed gezwungen sein, die Zinssenkungen zu verzögern. Das könnte sich auf die Stabilität von Unternehmen mit niedriger Qualität und übermäßiger Verschuldung auswirken. Daher bevorzugen wir sowohl in Europa als auch in den USA Investment Grade gegenüber Hochzinsanleihen.
     
  • Aktien: Im Aktienbereich sehen wir Rotationsmöglichkeiten hin zu Segmenten, die hohe Ertragskraft und attraktive Bewertungen bieten. Daher meiden wir die teuren Wachstumstitel und US-Megacaps, also die sehr großen US-Unternehmen. Stattdessen bevorzugen wir gleichgewichtete Indizes und sind offen dafür, uns auf der Suche nach Qualität auch Titel mit geringerer Marktkapitalisierung anzusehen. Was die Sektoren betrifft, gefallen uns die Banken und wir sehen uns den Energiesektor an. In Europa halten wir eine ausgewogene Positionierung mit defensiven und zyklischen Titeln aufrecht. Unsere generelle Tendenz zu Value- und Qualitätsaktien bleibt bestehen.
     
  • Schwellenländer: Emerging Markets-Anleihen bieten vielfältige Chancen. Wir bevorzugen nach wie vor Hartwährungsanleihen gegenüber Anleihen in lokaler Währung. Aus regionaler Sicht gefallen uns Lateinamerika und EMEA (Ungarn, Südafrika). Asien ist eine weitere wichtige Quelle für länderspezifische Chancen, wobei Länder wie Indien hervorstechen. Auch bei den Aktien bleiben wir positiv eingestellt.

Von Vincent Mortier, Group CIO Amundi, und Matteo Germano, Deputy Group CIO Amundi

Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 30.05.2024. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.