Die Frühjahrsausgabe der Amundi Investment Konferenz am 30. April stand unter dem Motto „Zölle, Protektionismus, Handelskonflikte: Wie findet die Exportnation Deutschland zurück auf die Erfolgsspur?“ und setzte einen klaren Fokus auf die Folgen von Trumps Zollpolitik. Wie sich die großen Machtblöcke im Welthandel neu sortieren und was das für den Standort Deutschland sowie für Investoren bedeuten könnte, analysierte eine Runde renommierter Expertinnen und Experten. Die beliebte, interaktive Online-Konferenz verfolgten rund 1.100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. 

Christian Pellis: „Europa kann durch die Krise an Resilienz gewinnen“ 

In seiner Begrüßungsrede konnte Gastgeber Christian Pellis, CEO bei Amundi Deutschland, mit positiven Geschäftszahlen zum ersten Quartal des Jahres aufwarten: „Trotz schwieriger Marktumstände haben wir unsere globalen Assets under Management auf einen Rekordwert von über 2,2 Billionen Euro steigern können und verwalten allein in Deutschland insgesamt 146 Milliarden Euro.“ Doch insbesondere wegen der US-amerikanischen Zollpolitik blieben die Konjunkturaussichten und in Folge die Finanzmärkte angespannt. „Dennoch sind wir bei Amundi davon überzeugt, dass die aktuellen Disruptionen auch neue Chancen bieten“, so Pellis weiter. Europa könne souveräner und resilienter aus dieser Krisenzeit hervorgehen und enger zusammenrücken: „Nach außen hin müssen wir Europäer endlich geschlossen auftreten und uns als starke und selbstbewusste Kraft präsentieren.“

Thomas Kruse: „Anleger suchen sich neue Favoriten“

Diese positive Sicht auf Europa stützte auch Amundi Deutschland CIO Thomas Kruse in seiner Marktanalyse. „Wir sehen derzeit einen Favoritenwechsel bei vielen Anlegern, die den USA den Rücken kehren und sich Europa zuwenden.“ Auch bei den bislang gefragten asiatischen Schwellenländern gebe es eine selektive Hinwendung zu anderen Finanzmärkten, etwa nach Lateinamerika. Trumps Zoll-Moratorium habe zwar die aufgewühlten Märkte etwas beruhigt, doch Unsicherheit und Volatilität dürften weiter anhalten, solange der Ausgang des Zollstreits offenbleibe. Zudem sei sowohl das Vertrauen der Verbraucher als auch der Unternehmer in den US-Präsidenten erodiert. Chancen böten demnach Sektoren und Regionen, die kaum von der Zollthematik betroffen seien: „Das sind etwa die Bereiche Telekommunikation oder Versorger, die für das Inland produzieren, ebenso wie kleine und mittlere Unternehmen in Europa mit einem Fokus auf den EU-Binnenmarkt.“ Auch Länder mit geringer Exportabhängigkeit, wie Indien oder Indonesien, könnten profitieren, so Kruse. 

Dr. Jürgen Michels: „Die langfristigen Zinsen steigen“

Neben Trumps Zollagenda und Handelskonflikten identifizierte Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und Leiter Research bei der BayernLB, weitere geopolitische Störfaktoren für die Finanzmärkte: Der weiter andauernde Krieg in der Ukraine, der Konflikt zwischen den USA und dem Iran oder auch die aktuelle Eskalation zwischen Indien und Pakistan sorgten für „zusätzliche Anspannung“. „Wieder steigender Inflationsdruck und auch das Thema Verschuldung dürften die langfristigen Zinsen in Europa eher steigen lassen“, so Dr. Michels. Auch die US-Dollar-Schwäche dürfte anhalten, und: „Steigende Realzinsen könnten den Goldpreis – nach eventuellen Gewinnmitnahmen – weiter antreiben, weil das Sicherheitsbedürfnis im Markt hoch bleiben dürfte.“  

Dr. Martin Braml: „USA bleiben einer der wichtigsten Handelspartner“

Die Folgen von Trumps Handelspolitik sowie die Auswirkungen auf die Exportnation Deutschland beleuchtete im Anschluss Dr. Martin Braml, Außenhandelsökonom und Berater. Angesichts „revanchistischer Märkte“ und der Zweckentfremdung der Handelspolitik zur Durchsetzung politischer Interessen einzelner Staaten sah Dr. Braml den Freihandel in einer ernsten Krise. Diese treffe Deutschland gleich zweifach: „Denn wir sind nicht nur export- sondern auch industrielastig.“ Sollte im Welthandelskonflikt ein Richtungsentscheid zwischen China und den USA nötig werden, sei die Beziehung zum Partner USA „alternativlos“: „Der Absatzmarkt China liegt aus EU-Sicht in der Bedeutung noch hinter der kleinen Schweiz“, verdeutlichte Dr. Braml. Die EU solle auf Trumps Agenda klug reagieren, etwa mit Handelsumlenkungen, Gegenzöllen aber auch der Bereitschaft zu Deals: „Ein Angebot zu TTIP 2.0 könnte ein kluger Schachzug sein.“ Wichtig sei, dass die EU geschlossen auftrete und ihre Diversität als Stärke ausspiele, so Dr. Braml. 

Deepa Gautam-Nigge: „Kooperative Plattformen können Innovation fördern“

„Mehr Mut, die Welle zu reiten“, wünschte sich Deepa Gautam-Nigge, Vice President Corporate Development & Investments bei SAP, mit Blick auf die Innovationsfähigkeit Deutschlands. Die vielen Patentanmeldungen würden zwar zeigen, dass wir durchaus Stärken hätten, aber: „In der Umsetzung, im Schaffen von Märkten und Anwendungen, hapert es etwas.“ Bei der Finanzierung von Tech- oder KI-Start-Ups seien zwar in den letzten Jahren Fortschritte erzielt worden, aber hier lägen die USA weit voraus. „Wir sollten mehr auf kooperative Modelle innerhalb einer Branche setzen oder auf Plattformen die Start-Ups, Wirtschaft und Wissenschaft verknüpfen“, so Gautam-Nigge. Der Industriepark Heilbronn als neues Zentrum für KI, das verschiedene Akteure zusammenbringe, könne hier Vorbild sein. Von der neuen Bundesregierung erwarte sie sich wichtige Impulse, „um die Erfolgsgeschichte der deutschen Hidden Champions in die nächste Generation zu bringen“.

Helen Windischbauer: „Noch zu früh für Risiko“

Angesichts aktuell geradezu „politischer Börsen“ betonte Helen Windischbauer, Leiterin Multi Asset Solutions bei Amundi Deutschland, Innovationsfähigkeit sei eine von sehr vielen Stellgrößen, die sie und ihr Team derzeit aufmerksam beobachten müssten. „Anleger sollten sich aus unserer Sicht aktuell breit diversifizieren und sich eher defensiv positionieren“, so Windischbauer. Dazu gehöre auch, dass man noch Abstand von zyklischen Werten halte und tendenziell abwarten sollte, ehe man wieder im großen Stil Chancen nutze: „Es ist noch zu früh für viel Risiko.“ Selektiv böten sich dennoch Chancen, etwa bei europäischen Aktien, in autarken Schwellenländern oder auch bei inflationsgesicherten Anleihen. Das große Fiskalpaket setze wichtige Impulse für Deutschland und Europa, doch: „Es müssen auch Strukturreformen angegangen werden, damit das viele Geld nicht nur für ein Strohfeuer sorgt – das bleibt abzuwarten.“ Perspektivisch würden die Märkte eher volatil bleiben, bevor sie im Herbst wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen könnten. „Anlegerinnen und Anleger sollten daher regelmäßig ihre Positionierung hinterfragen und die Marktsituation weiter aufmerksam beobachten.“ 

Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 30.04.2025. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.