Die globalen Aktienmärkte erreichten im Oktober neue Höchststände. Sie wurden getragen von einer starken Dynamik im KI-Sektor der USA, den Erwartungen einer Lockerung der Geldpolitik der Fed sowie der positiven Stimmung im Zusammenhang mit der Ausweitung der Fiskalpolitik in Deutschland. Allerdings führten das Wiederaufflammen des Handelsstreits zwischen den USA und China, Sorgen über einige Kreditausfälle in den USA sowie der anhaltende Shutdown der US-Regierung zu Volatilität bei den risikobehafteten Anlageklassen. Zwar haben die USA und China ihren Waffenstillstand im Handelskonflikt verlängert, es bleibt jedoch abzuwarten, wie effektiv dieser langfristig aufrechterhalten werden kann.

Makroökonomisches Bild

Diese Unsicherheit stärkte zunächst die Attraktivität von Anleihen als „sicheren Hafen“ und drückte die Renditen in den USA, Europa und Großbritannien. Dennoch bestehen die Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen staatlicher Ausgaben auf Defizite, Schulden und Fiatwährungen (Geldentwertung) langfristig fort. Infolgedessen erreichte Gold Rekordstände, auch wenn die Preise wieder zurückgingen. Fiskalische Risiken zeigten sich auch in den japanischen Renditen und führten zu einem starken Rückgang des Yen.

Dies sind die wichtigsten Themen, die in den kommenden Monaten eine Rolle spielen dürften:
 

  • Die Investitionen in künstliche Intelligenz in den USA sollten das US-Wachstum stützen, den Rückgang des Konsums, der weiterhin das Rückgrat der US-Wirtschaft bildet, jedoch nicht vollständig ausgleichen können. Aufgrund der gemäß den letzten Daten bisher robusten Konsumentwicklung sowie eines potenziellen Aufschwungs durch Investitionen haben wir die Wachstumsprognosen für die USA für 2025 (1,9%) und 2026 (1,9%) nach oben korrigiert. Da die Arbeitsmärkte jedoch schwach bleiben, kommen wir zu dem Schluss, dass der übergeordnete Abschwächungstrend bestehen bleibt. Investitionen im Technologiesektor haben bislang nicht zu einer massiven Schaffung neuer Arbeitsplätze geführt und werden die Arbeitsmärkte auch in naher Zukunft nicht beleben. Daher erwarten wir eine Abschwächung der Einkommensdynamik und einen Rückgang des Konsums.
  • Das Wachstum in der Eurozone dürfte in diesem Jahr nachlassen, sich ab Mitte 2026 wieder erholen, aber weiterhin unter dem langfristigen Trend bleiben. Kurzfristig und zu Beginn des kommenden Jahres deutet unsere Einschätzung auf Abwärtsrisiken hin, die durch mögliche Verzögerungen und Anpassungen beim deutschen Konjunkturpaket sowie durch Druck auf die Exporte bedingt sind. Die wirtschaftliche Aktivität in Spanien und Italien dürfte hingegen weiterhin widerstandsfähig bleiben. Die jüngsten US-Sanktionen gegen Russland deuten darauf hin, dass sich die USA stärker mit der EU bei Sicherheitsfragen abstimmen dürften. Viel hängt davon ab, wie effektiv die Sanktionen umgesetzt werden. Jegliche Anzeichen eines Waffenstillstands mit der Ukraine – der weiterhin schwer zu erreichen ist – wären jedoch positiv für die europäische Wirtschaft und Vermögenswerte.
     
  • Der fiskalische Hebel gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die USA dürften auf dem Pfad der Fiskalausweitung bleiben – ein Risiko, das vom Markt noch nicht eingepreist ist –, allerdings mit gewissen Konsolidierungsmaßnahmen. In Japan deuten die fragmentierte politische Landschaft und die Absichten der neuen Regierung auf populistische Maßnahmen hin, sodass die fiskalische Expansion dort anhalten sollte. Auch Deutschland dürfte sich in diese Richtung bewegen, verfügt jedoch über den dringend benötigten fiskalischen Spielraum.
     
  • Die Wachstumsprognosen für China wurden für das Jahr 2026 nach oben revidiert. Da das Wachstum nahe am Regierungsziel liegen dürfte, erwarten wir kein signifikantes fiskalisches Stimuluspaket. Die Entscheidung für fiskalische oder geldpolitische Impulse hängt jedoch auch davon ab, wie sich die US-Handelspolitik gegenüber China entwickelt. Insgesamt deuten die „Anti-Involution“, schwache Inlandsnachfrage und rückläufige Investitionen im Wohnungsbausektor auf gedämpfte Aktivität in naher Zukunft hin.

Assetklassen-Einschätzungen

Der Investitionszyklus der US-Technologiebranche, die weltweiten fiskalischen Impulse sowie die Lockerung der Geldpolitik durch die Zentralbanken in einer weiterhin wachsenden Wirtschaft sind allesamt positive Faktoren für die risikobehafteten Anlageklassen.

Andererseits dürfte die Inflation in den USA über dem Zielwert bleiben, in Europa könnte es zu einem Anstieg der Binnennachfrage kommen, und auch der Handelskrieg ist auch noch nicht vorbei. Zudem weisen die Märkte zwar derzeit reichlich Liquidität auf, diese könnte jedoch schnell versiegen. Aufgrund dieser Faktoren bleiben wir in Bezug auf Risiken vorsichtig optimistisch.

  • Anleihen: Wir sind insgesamt neutral in Bezug auf die Duration bei globalen Anleihen, jedoch sehen wir Unternehmensanleihen (Investment Grade) und Schwellenländeranleihen durchaus positiv. Duration ist eine Maßzahl für die Zinssensitivität von Anleihen. Wir bevorzugen europäische Anleihen gegenüber US-Anleihen und bleiben gegenüber Japan vorsichtig. In den USA haben sich die höheren Zölle noch nicht vollständig in der Inflation niedergeschlagen, was sich jedoch in den kommenden Monaten ändern könnte. 
     
  • Aktien: Wir sind der Ansicht, dass die hohen Bewertungen in den USA dafür sprechen, Regionen wie Europa, das Vereinigte Königreich und die Schwellenländer (EM) stärker zu berücksichtigen. Die Widerstandsfähigkeit der US-Unternehmensgewinne über verschiedene Sektoren hinweg, einschließlich Technologie, spricht allerdings für eine selektive Vorgehensweise. In den Schwellenländern sind wir optimistisch in Bezug auf Brasilien, Mexiko und Indien.
     
  • Anlageklassen-übergreifend: Im Multi-Asset-Bereich haben wir unsere Positionierung bei der US-Duration reduziert, bleiben jedoch insgesamt positiv. Die Entwicklungen in den Verhandlungen zwischen den USA und China über Handel und geopolitischen Wettbewerb könnte sich auch auf einige Vermögenswerte in den Schwellenländern auswirken, wo wir insgesamt positiv gestimmt bleiben. Bei Rohstoffen haben wir nach der jüngsten Rallye in diesem Jahr unsere optimistische Einschätzung für Gold reduziert.

Von Vincent Mortier, Group CIO Amundi, und Monica Defend, Head of Amundi Investment Institute.

Quelle: Amundi. Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 31.10.2025. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen. Herausgeber: Amundi Deutschland GmbH, Arnulfstraße 124–126, D-80636 München.