Währungen haben ein deutlich geringeres Risiko als Aktien

Donnerstag, 22. August 2019

Marktkommentar

Währungen haben ein deutlich geringeres Risiko als Aktien


US-Dollar, Euro, Japanischer Yen: Der Handelskonflikt bringt auch die Währungspreise in Bewegung. Was Anleger jetzt über die Rolle von Währungen im Marktgefüge wissen sollten und inwieweit sie als Beimischung in Portfolios dienen können, beschreibt Andreas König, Head of Global FX bei Amundi

 

Herr König, was sollten Anleger über den Euro wissen? Die Gemeinschaftswährung steht derzeit ungefähr bei 1,12 zum US-Dollar. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?

Andreas König: Der Euro ist in den vergangenen Jahren trotz einzelner Schwankungen gegenüber dem US-Dollar recht stabil geblieben. Eine Vielzahl von Kräften hält das Wechselkursverhältnis ungefähr in der Balance. Die positive Handelsbilanz der Eurozone hat zum einen den Effekt, dass Geld in den Euro fließt. Auf der anderen Seite sind die Zinsen in der Eurozone niedriger, wodurch viele Investoren veranlasst sind, ihr Geld im US-Dollar anzulegen. Es ist wirklich paradox: Derzeit hat der US-Dollar die höchsten Zinsen der G10 Währungen. Normalerweise erhält man für die größte Sicherheit die niedrigsten Zinsen. Natürlich haben sich die Rahmendaten in den USA in der jüngeren Vergangenheit fest gezeigt, damit war es der Federal Reserve möglich, die Zinsen anzuheben. Derzeit wird der Zinsunterschied jedoch wieder kleiner, nachdem die US-Notenbank auf ihrem Zinspfad gerade eine Kehrtwende gemacht hat. Dennoch: Wir erwarten weiterhin ein recht stabiles Wechselkursverhältnis zwischen Euro und US-Dollar. Um den nachhaltigen Wert des Euros würde ich mir keine Sorgen machen.

Die Risiken in der Eurozone sind jedoch nicht von der Hand zu weisen …

König: Sie haben völlig recht. Der Brexit birgt Unwägbarkeiten. Italien bleibt wackelig. Wir leben nach wie vor in einem Europa ohne Bankenunion und einige Strukturen innerhalb der Europäischen Union sind nach wie vor nicht aus einem Guss. Die Eurokrise von 2011/12 könnte wieder aufleben, aber im Moment sehen wir diese Gefahr nicht. Entsprechende Risiken hängen über dem Euro – aber im Krisenfall würde er etwas abwerten, was die Wirtschaft gleichzeitig wiederum stützt. Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang, wie die Staaten in einem schwierigen Umfeld miteinander kooperieren würden. Wächst man weiter zusammen? Oder driftet man weiter auseinander? Aufgrund des aufkommenden Populismus in Europa ist eher Letzteres anzunehmen. Dabei müssten die EU-Staaten eigentlich enger zusammenstehen, um zukünftige Krisen schultern zu können.

Inwieweit verändert der derzeit verhärtete Handelskonflikt Ihre Arbeit im Währungsgeschäft?

König: Wesentliche Einflussfaktoren für Handel mit Währungsparitäten ändern sich dadurch. Zum Beispiel das positive Umfeld für Carry-Trades. Dabei kauft man eine Währung mit hohen Zinsen, und finanziert diesen Kauf, indem man eine andere Währung dafür gibt. Man kauft zum Beispiel Türkische Lira; die Zinsen in der Türkei liegen bei ca. 20 Prozent, und finanziert das Geschäft mit Euro, wo derzeit die Zinsen im negativen Bereich liegen. Wichtig ist bei Carry-Trades eine niedrige Volatilität zwischen den gehandelten Währungen, um Verlustrisiken zu begrenzen. Nötig ist auch genügende Liquidität, um solche Trades zu stemmen. In den vergangenen Jahren, in denen die Zentralbanken stets versucht haben, die Gefahr einer konjunkturellen Eintrübung mittels sehr niedriger Zinsen zu verhindern, waren Carry-Trades sehr beliebt, weil der Zinsunterschied so groß war. Die Volatilität auf den Währungsmärkten hingegen war gleichzeitig niedrig. Die Spielregeln waren klar: Währungen aus Ländern mit hohen Zinsen neigten zur Aufwertung, was natürlich auch ein höheres Risiko mit sich brachte. Mit dem globalen Abschwung ist dieser Weg nun wesentlich weniger attraktiv. Angesichts der Unsicherheit an den Märkten hat der Euro zuletzt eher gegenüber vielen anderen Währungen aufgewertet.

Vorausgesetzt, der Handelskonflikt eskaliert nicht weiter: In welchen Ländern sehen Sie Aufwertungspotenzial bei Währungen, wodurch letztlich auch Aktienbewertungen aus diesen Ländern steigen würden?

König: In Ländern, die Reformen vorantreiben, die von einer guten konjunkturellen Entwicklung gekennzeichnet sind und in denen die Verschuldung niedrig ist, bestehen Aufwertungschancen. Hierzu zählen zum Beispiel Russland und Indien – obwohl hier seit einigen Tagen der Kaschmir-Konflikt hochkocht, die Rupie ist daher im Moment von Abwertung geprägt. Weitere Beispiele wären Brasilien, aber auch Thailand. Bei allen diesen Ländern kommt es aber auch immer darauf an, wie volatil das Umfeld ist. Und ob man daran glaubt, dass sich der Handelskonflikt schnell lösen lässt. Wir gehen eher davon aus, dass wir wieder in eine volatilere Marktphase kommen. Gerade in den Währungsmärkten haben wir uns in den vergangenen Monaten in Bezug auf Volatilität auf historisch niedrigen Niveaus bewegt. In der jüngsten Vergangenheit gab es nur drei vergleichbare Phasen ähnlich niedrigen Volatilität, 1996, 2007 und 2014. In allen Fällen folgten signifikante Volatilitätsanstiege. Zu erwarten, dass sich jetzt wieder rasch alles beruhigt, ist eher unwahrscheinlich.

Wie gehen Sie in der aktuellen Marktphase vor?

König: In Phasen, in denen der Markt von vielen Risiken beherrscht wird und in denen folglich die Volatilität steigt, kaufen wir sogenannte Risk-off-Währungen: Den japanischen Yen zum Beispiel, den viele Marktteilnehmer kaufen, wenn eine Reihe von Risiken im Markt sind. Einige asiatische Währungen, sind vom Handelskonflikt mehr betroffen. Dazu gehören neben China auch Korea und Singapur. In Währungen dieser Länder sind wir derzeit short aufgestellt und verkaufen sie gegen den US-Dollar, den Euro und den japanischen Yen.

Was können Anleger tun, um sich gegen Marktunsicherheiten und einen etwaigen Wertverlust des Euro abzusichern?

König: Für einen Privatanleger ist ein direktes Investment in Währungen eher nicht der Normalfall. Privatanleger sind aber stark in Aktien und Anleihen investiert. Viele Anleihen notieren im negativen Bereich. Ein Währungsinvestment könnte als Beimischung interessant sein. Wenn man zwei, fünf oder zehn Prozent des verfügbaren Kapitals als Währungsinvestment beimischt, und dadurch etwa negativ verzinste Anleihen im Portfolio kompensiert, erhält man eine beachtliche Diversifikation. Es kommt dann auf den Anlegertyp an, welches Risiko jeweils getragen werden kann. Entsprechend kommen dann stärker volatile oder in geringerem Maße volatile Produkte infrage.

Auch Währungen unterliegen Schwankungen. Was sollten Anleger hierzu wissen?

König: Im Gespräch mit Kunden höre ich oft, dass Währungen doch so volatil seien und mit Risiken behaftet, entsprechende Investments seien ihnen zu gefährlich. Wenn man sich aber die Zahlen anschaut, zeigt sich: Währungen sind im Normalfall etwas volatiler als Anleihen. Ihre Volatilität ist aber im Vergleich zu Aktien erheblich niedriger. Die meisten Anleger fühlen sich mit Aktien wohler als mit Währungen – obwohl die Volatilität von Aktien teilweise bis zu doppelt so hoch wie die von Währungen. Unsere Erfahrung hat gezeigt: Mit im Verhältnis zu Aktien deutlich geringerem Risiko lässt sich mit Währungen ein diversifizierendes, alternatives Asset ins Portfolio aufnehmen.  

Rechtliche Hinweise: Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 19.08.2019. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.