Warum US-amerikanische Value-Titel interessanter werden

Dienstag, 27. Oktober 2020

Marktkommentar

Warum US-amerikanische Value-Titel interessanter werden


Für wachstumsorientierte Aktien – auch als „Growth“-Aktien bezeichnet – war das Umfeld aus unserer Sicht bislang ideal: Die Zinsen sind weiterhin niedrig, und gerade die großen US-Technologieunternehmen haben in den USA und im Ausland immer mehr an Bedeutung gewonnen. Wir halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass dieses ideale Umfeld von Dauer sein wird.

 

 

Die Inflation – die seit Jahren praktisch keine Rolle spielt – könnte als Folge der Konjunkturmaßnahmen steigen. Und historisch gesehen haben wertorientierte Aktien – auch als „Value“-Aktien bezeichnet – in inflationären Zeiten die Growth-Aktien übertroffen. So denken wir, dass ausgewählte Value-Aktien hochwertiger Unternehmen, die die aktuell so schwierige Wirtschaftsphase überstehen, von der Erholung der Weltwirtschaft sogar profitieren könnten. Eine Erhöhung des Engagements in solche Value-Aktien bei gleichzeitiger Reduktion der Hyper-Wachstumstitel könnte aus unserer Sicht sinnvoll erscheinen. 

Umschichten könnte Sinn machen

Der beispiellose Umfang geld- und fiskalpolitischer Anreize könnte in den USA zu einem Wiederaufflammen der Inflation führen. Die Value-Indizes sind im Allgemeinen viel stärker von inflationsgetriebenen Aktien abhängig als Growth-Indizes. Zum Beispiel machten die Energie-, Finanz-, Industrie- und Materialsektoren zum 30. September 41% des US-amerikanischen Russell 1000-Value-Index aus, im Russell 1000-Growth-Index aber nur 15%. Ein weiterer Aspekt: Ende Juni waren die Rohstoffpreise so niedrig wie seit mehr als 200 Jahren nicht mehr. Sie könnten zwar noch weiter sinken, doch gestützt durch Konjunkturmaßnahmen und der allmählichen wirtschaftlichen Erholung wohl eher steigen.

„Value“ könnte „Growth“ also endlich wieder überflügeln – auf der anderen Seite stehen allerdings drei Risiken:

1. Die US- und die Weltwirtschaft könnten sich nur langsam von der Pandemie erholen. Die Zinssätze würden niedrig bleiben, die Anleger weiterhin Wachstumswerte bevorzugen.

2. Viele Unternehmen im Value-Universum haben strukturelle Probleme, zum Beispiel Fluggesellschaften oder Kaufhauskonzerne. Diese Entwicklung könnte sich auch nach dem Ende der Pandemie fortsetzen.

3. Und ein Sieg von Biden könnte zu einer stärkeren Regulierung von Branchen wie Energie- und Finanzwirtschaft führen, die derzeit in Value-Indizes eine größere Gewichtung haben als in Growth-Indizes. Auch Wachstumswerte könnten unter einer Biden-Administration wegen einer möglichen Erhöhung der Steuern auf ausländische Einkünfte leiden. Dies könnte sich unverhältnismäßig deutlich auf US-amerikanische Technologieunternehmen auswirken, die bei Wachstumsindizes deutlich höher gewichtet sind.

Value-Aktien können ein zyklisches Investment in hochwertige Unternehmen bieten, die die schwierige wirtschaftliche Situation vermutlich überstehen werden; selbst wenn die Erholung der US- und Weltwirtschaft länger dauern sollte als erwartet. Daher sind wir der Ansicht, dass eine Umschichtung des Portfolios in US-Aktien, weg von Hyper-Wachstumstiteln hin zu stabilen, eher defensiven Wachstums- und Value-Werten, vernünftig ist. „Deep Value“ – also stark unterbewertete Aktien – sollten Anleger allerdings eher meiden, wie wir meinen.

Da die Pandemie das Augenmerk verstärkt auf den Arbeitsmarkt und Sicherheitsfragen gelenkt hat, glauben wir, dass die erfolgreicheren Investitionsstrategien in diesem Umfeld diejenigen sein werden, die sich auf Nachhaltigkeit konzentrieren; und besonders die, die die ESG-Kriterien berücksichtigen. Unternehmen könnten so das aktuelle wirtschaftliche Umfeld nicht nur überleben, sondern stärker aus der Pandemie hervorgehen, als sie vor Beginn der Pandemie waren.

Von Marco Pirondini, Leiter Aktien und US-Portfoliomanager bei Amundi.

Quelleninformationen und die vollständige Publikation "Time-to-reconsider-US-growth-and-value" finden Sie in der englischen Originalfassung im  Amundi Research Center  zum Download.

Rechtliche Hinweise: Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 21.10.2020. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.