Zinspolitik wird zu einem Schlüsselfaktor für Aktienmärkte

Mittwoch, 22. März 2023

Marktkommentar

“Zinspolitik wird zu einem Schlüsselfaktor für Aktienmärkte”


Hohe Leitzinsen bringen bereits einige Unternehmen in Schwierigkeiten. Doch die Inflationsbekämpfung über eine restriktivere Geldpolitik bleibt aktuell das Hauptmotiv der meisten Notenbanken. Was das für Anlegerinnen und Anleger konkret bedeutet und wo sich in diesem Jahr besondere Chancen bieten dürften, erläutert Helen Windischbauer – Head of Multi Asset Solutions und stellvertretende Investmentsprecherin von Amundi Deutschland – im ausführlichen Interview.

 

Die US-amerikanische Notenbank versucht derzeit mit einer Anhebung der Leitzinsen die konjunkturelle Dynamik etwas einzubremsen, um den Preisauftrieb zu dämpfen. Sind die Probleme einiger US-Banken bereits die Folge dieser höheren Zinsen?

In der Tat, die Schieflage einiger weniger US-Banken muss man im direkten Zusammenhang mit der Geldpolitik der Federal Reserve sehen. Dies betrifft momentan in erster Linie Banken, die mit dem IT-Sektor verbunden sind und hier Kredite, unter anderem auch an sogenannte Start-Ups, vergeben haben, und vor allem kleinere und mittelgroße Banken. Die Notenbank zeigte sich bemüht, die Probleme möglichst marktneutral zu bearbeiten.

Ihr eigentliches Ziel ist aber doch die Inflationsbekämpfung?

Ja, das ist der Kern der aktuellen Maßnahmen. Man achtet hier sehr genau auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes, von dem eine weiter preistreibende Wirkung ausgehen könnte. Die jüngsten Zahlen zeigen indes, dass sich der US-Arbeitsmarkt noch außergewöhnlich robust zeigt. Das verwundert uns nicht, da der Arbeitsmarkt ein nachlaufender Konjunkturindikator ist. Das heißt, bis sich das höhere Zinsniveau auch dort ausgewirkt hat, wird es noch eine Weile dauern.

Werden wir also noch weitere Zinsschritte nach oben sehen?

Wir befinden uns aktuell in einer spannenden Phase: Mit Blick auf den Arbeitsmarkt, die Inflationserwartung sowie die tatsächliche Kerninflation müsste die Fed die Zinsen weiter erhöhen. Durch die erwähnte Schieflage bei den Banken stellt sich nun aber die Frage, ob die Notenbank ihren maximalen Leitzins bereits früher erreichen wird. Auch eine Senkung im späteren Jahresverlauf, scheint nun nicht mehr gänzlich ausgeschlossen.

Wie wichtig ist das Thema Zinsen für die Aktienmärkte?

Anfang des Jahres dominierte, vor allem hier in Europa, noch der Blick auf die konjunkturelle Entwicklung. Das Wachstum, unterstützt durch das Re-Opening Chinas nach dem Corona-Lockdown sowie die Entspannung an den Rohstoffmärkten, ließ die Kurse teilweise deutlich steigen. Die Sorge vor einer starken Rezession trat in den Hintergrund. Der enge Fokus auf die Konjunktur weitet sich aber gerade. Die Aktienmärkte blicken nun ebenso gespannt auf die Zinsentwicklung, weil sie ja die Konjunktur befeuern oder dämpfen kann, je nachdem in welche Richtung es geht.

Wo sehen Sie denn aktuell für Anlegerinnen und Anleger gute Chancen an den Märkten?

Für den Aktienbereich sind wir momentan eher vorsichtig. Das relativ hohe Zinsniveau kann Gewinn- und Margenentwicklungen von Unternehmen bremsen. Doch neben Risiken sehen wir immer auch die Chancen. Und die erkennen wir aktuell etwa bei Value-Titeln – also wertorientieren Aktien – und dividendenstarken Aktien, die sowohl Erträge generieren, aber auch als eine Art Risikopuffer im Portfolio wirken können.

Sollten Investoren auch bei Anleihen verstärkt nach Chancen suchen?

Das könnte sehr interessant sein, da wir ja nun nach einer langen Null- und Niedrigzinsphase erstmals wieder attraktive Zinsen bei Staatsanleihen oder bestimmten Unternehmensanleihen sehen. Wir von Amundi legen unseren Fokus jedoch in erster Linie auf Anleihen mit einer sehr guten Qualität, die sich in hoher Bonität und entsprechend erstklassigem Rating widerspiegelt.

Wie können Anleger nun eine Balance zwischen den aktuellen Chancen und den Risiken herstellen? Gibt es hier Fondsprodukte, die einem schwierige Anlageentscheidungen abnehmen?

Wir sehen da Multi-Asset-Fonds, auch Mischfonds genannt, im Vorteil. Denn die Allokation, also die Gewichtung einzelner Assetklassen wie Aktien oder Renten, übernimmt hier ein Portfoliomanager. Im übrigen ebenso, wie die konkrete Selektion und das Timing. All das ist für Privatanleger nicht immer einfach darzustellen, zumal ja oftmals widersprüchliche Signale den Markt beherrschen und komplexe Herausforderungen zu bewältigen sind. Im letzten Jahr hatten wir beispielsweise den eher ungewöhnlich Fall, dass die meisten Anleihen wegen der steigenden Zinsen Kurseinbußen hinnehmen mussten, viele Aktiensegmente wegen der schwächelnden Konjunktur oder steigender Energiepreise aber auch. Für 2023 sehen wir jedoch auch wieder mehr klare Chancen, die ein flexibles Mischportfolio gut nutzen könnte. 

Rechtliche Hinweise: Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 21.03.2023. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.