US-Präsidentschaftswahl 2020

Montag, 01. Juli 2019

Marktkommentar

Ein hartes Rennen zeichnet sich ab


Trumps Chancen auf eine Wiederwahl stehen nicht so schlecht, wie es zunächst scheinen mag. Warum das so ist, und welche Konsequenzen verschiedene Wahlausgänge für die Wirtschaft hätten, erklärt Paresh Upadhyaya, Direktor für Währungsstrategien und US-Portfoliomanager bei Amundi.

 

Die Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 stellte einen der größten Brüche in der Geschichte der US-Präsidenten dar. Es handelte sich um eine von nur fünf Wahlen seit 1788, bei denen der Sieger ohne die Mehrheit der Wählerstimmen die Mehrheit im Wahlmännerkollegium gewann. Diese Wahl spiegelte nicht zuletzt eine tief polarisierte Wählerschaft.

Trump stand von Anfang an vor Schwierigkeiten: Seine Beliebtheitswerte waren nie positiv, zu den meisten politischen Themen schnitt er in Umfragen sehr schlecht ab, ebenso bei Eigenschaften wie Ehrlichkeit oder Vertrauenswürdigkeit. Trumps Weg zur Wiederwahl bleibt schwer, dennoch sind seine Aussichten nicht so düster, wie es auf den ersten Blick scheinen mag.
 

Schwieriges Umfeld für Trump

Viele Wähler sind von Trumps Person nicht angetan: Er ist der einzige Präsident, der in seiner ersten Amtszeit Umfragen zufolge noch nicht einmal einen positiven Beliebtheitswert erreicht hat. Im Frühjahr lag er in der Gunst der Wähler sogar einige Prozentpunkte hinter den Demokraten Joe Biden und Bernie Sanders. Im März schnitt er in einer CNN-Umfrage bei Führungseigenschaften wie Temperament, Vertrauenswürdigkeit und Managementfähigkeiten mit -41, -25 und -18 Prozent sehr schlecht ab. Anfang April kam er in einer anderen Umfrage bei Themen wie Bildung, Gesundheit, soziale Sicherheit und Umwelt ebenfalls schlecht weg. Trotz seines Erfolgs bei der Durchsetzung seiner Steuerreform 2017 bewerten die Amerikaner seine Steuerpolitik eher negativ als positiv – denn die Demokraten haben es geschafft, die Steuersenkungen vor allem als Vorteil für die Reichen abzustempeln.

 
Trumps Chancen stehen nicht schlecht

Trotz seines schlechten Stands bei diesen wichtigen Themen hat Trump Chancen wiedergewählt zu werden. Negative Beliebtheitswerte haben in der Vergangenheit eine Wiederwahl nicht zwingend unmöglich gemacht. Ronald Reagan beispielsweise wurde mit einem Beliebtheitswert von -9 Prozent wiedergewählt – ähnlich schlecht wie Trumps aktueller Wert von -11 Prozent. Umgekehrt hat ein positiver Wert nicht immer automatisch zum Sieg geführt: George H. Bush musste trotz +70 Prozent den Weg für  Bill Clinton freimachen. Dass Trump in diesem frühen Stadium zurückliegt, bedeutet also noch keine Niederlage am Wahltag.

Im Hinblick auf die beiden persönlichen Kriterien „steht für Überzeugungen ein“ und „kann gut mit Krisen umgehen“ erzielte Trump im März mit +46 Prozent und +5 Prozent positive Beurteilungen. Diese beiden Punkte könnten am Ende durchaus wichtig genug sein, um andere „weichere“ Faktoren, in denen er schlecht abschneidet, auszugleichen.

 
Trumps Vorteil: Die Wirtschaft

Darüber hinaus schneidet Trump bei den wirtschaftlichen Fragen in den meisten Punkten, die Einfluss auf den Wahlausgang haben könnten, besser ab als seine Herausforderer bei den Demokraten. Von allen wichtigen Einflussfaktoren sind es aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Beobachter unbedingt auf dem Schirm haben sollte. Wenn die Wirtschaft weiterhin wächst und die Arbeitslosenquote niedrig bleibt, steigen Trumps Chancen auf eine Wiederwahl.

 
Vier Szenarien für die Wahl

Zwar ist es eineinhalb Jahre vor der Wahl noch zu früh, um sich auf einen Gewinner festzulegen. In einer Zeit, in der Politik und Geopolitik einen großen Einfluss auf die Finanzmärkte haben, könnte der jetzige Zeitpunkt jedoch passen, um einen Ausblick auf vier mögliche Wahlszenarien und deren Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzmärkte zu geben.

 
Trump wird wiedergewählt (Wahrscheinlichkeit: 45 Prozent)

Mögliche wirtschaftliche Auswirkungen
Zusätzlicher Antrieb für die US-Wirtschaft dank niedrigerer Steuern und einem Anstieg der Infrastrukturausgaben. Wird allerdings zum Teil aufgehoben durch protektionistische Politik.
Mögliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte
Aktienmärkte profitieren von starker Wirtschaft, höheren Unternehmensgewinnen und niedrigeren Steuern. Infrastruktur und Verteidigungssektor sind potenzielle Gewinner. Zinssätze steigen aufgrund starken Wirtschaftswachstums und anziehender Inflation.

 
Anderer Republikanischer Kandidat wird gewählt (5 Prozent)
 
Mögliche wirtschaftliche Auswirkungen
Moderate finanzielle Anreize, niedrige Steuern und Abnahme der Handelsspannungen begünstigen Wachstum. Leichter Druck auf die Löhne durch den angespannten Arbeitsmarkt.
Mögliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte
Positive Auswirkung auf die Aktienpreise durch gesundes Wachstum, dauerhafte Steuerkürzungen und reduzierte Handelsspannungen. US-Dollar stabiler, aber leichter von ausländischen Entwicklungen beeinflussbar.

 
Geschwächte US-Wirtschaft führt zur Wahl eines gemäßigten Demokraten (35 Prozent)
 
Mögliche wirtschaftliche Auswirkungen
Leichte finanzielle Anreize, ein schwacher US-Dollar und Abschaffung von Zöllen fördern Wirtschaftswachstum. Das leichte Wachstum hält die Inflation im Zaum, die US-Notenbank fährt eine neutrale Geldpolitik.
Mögliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte
Aktienmarkt insgesamt stabil, mit leichter Erholung durch das Wirtschaftswachstum. Technologie-, Pharma- und Gesundheitswerte bleiben durch Reformen der Demokraten etwas zurück.

 
Rezession führt zur Wahl eines links-populistischen Demokraten (15 Prozent)
 
Mögliche wirtschaftliche Auswirkungen
Links-populistische Regierung behält viele von Trumps protektionistischen Maßnahmen bei. Vorherrschende Rezession dämpft Inflation zwar etwas, aber der schwächere Dollar und CO2-Abgaben sowie Zölle fördern Stagflationsängste.
Mögliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte
Populistische Agenda der Demokraten führt zu schlechten Bedingungen für Aktien. Der negative Ausblick auf US-Vermögenspreise und die Verringerung der Zinsdifferenzen könnten zu einer Abwertung des US-Dollars führen. 

 
Drei entscheidende Faktoren bedingen die Wiederwahl

Ob Trump 2020 tatsächlich wiedergewählt wird oder nicht, hängt aus unserer Sicht maßgeblich von drei Faktoren ab – der konjunkturellen Entwicklung, dem Fortgang der Ermittlungen gegen ihn sowie von der Frage, wer gegen ihn antritt.

 
Wirtschaft und Arbeitsplätze – Dies ist wie erwähnt eine der wenigen Bereiche, in denen Trump in Umfragen durchgehend gut abschneidet. Gleichzeitig ist dies auch mit der wichtigste. Die Wähler trauen Trump eher als den Demokraten zu, die Wirtschaft zu managen. Wenn diese wie bisher weiter gut wächst und die Arbeitslosenquote niedrig bleibt, könnten die Wähler über Trumps schlechte Beliebtheitswerte hinwegsehen und ihm eine zweite Amtszeit zugestehen.

 
Auswirkungen der Trump-Ermittlungen – Nur 29 Prozent der Amerikaner waren im März der Ansicht, dass der Mueller-Report Trump entlastet habe – 40 Prozent hingegen denken das Gegenteil. Es ist auch weiterhin unsicher, zu welchem Ergebnis die andauernden Ermittlungen der Demokraten im US-Repräsentantenhaus sowie mehrere laufende staatliche Ermittlungsverfahren kommen und welche rechtlichen Konsequenzen dies haben könnte. Gut möglich, dass es der klaren Enthüllung kriminellen Handelns oder beträchtlich unethischen Handelns benötigt, um Trumps Wiederwahl-Chancen zu beeinträchtigen.

 
Demokratischer Kandidat –Welcher Demokrat am Ende antritt, wird großen Einfluss auf Trumps Chancen haben. Wie Umfragen zeigen, hätte ein Kandidat aus dem Partei-Establishment bessere Chancen als ein Kandidat aus dem populistischen Lager. Trump konnte den Graben zwischen gemäßigten und linken Demokraten vertiefen, indem er Ängste schürt, die Demokraten planten den Sozialismus einzuführen – einen Sozialisten wären etwa drei Viertel der Amerikaner aber keinesfalls bereit zu wählen.

 
Finanzmärkte beginnen den Wahlkampf einzupreisen

Die Finanzmärkte reagieren schon auf den Beginn der Wahlkämpfe. Da die Märkte durchaus wahrnehmen, dass die Demokraten einen Vorsprung genießen, werden einige ihrer linksgerichteten Politik-Pläne bereits eingepreist – allen voran der Vorschlag zu „Medicare-for-All“. Dies hat zu einer starken Underperformance von Werten im Gesundheitssektor geführt, die seit Anfang des Jahres weit unter der Entwicklung des S&P 500 Index zurückgeblieben sind. Industriewerte hingegen haben im gleichen Zeitraum den S&P 500 sogar übertroffen, während Werte aus dem Baustoffwirtschaft jedoch etwas hinterherhingen – in Erwartung eines Infrastrukturprogramms haben letztere aber durchaus Potenzial.

 
Wahlausgang könnte eng werden

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegt aus unserer Sicht die Wahrscheinlichkeit, dass die Republikaner die Präsidentschaft halten können, bei 50:50 – wir geben ihnen also bessere Chancen als die Umfragen. Es wird jedoch ein permanentes Tauziehen bleiben: Auf der einen Seite die positiven Umfragewerte durch Trumps wirtschaftliche Leistung, auf der anderen Seite die Wähler, die von Trumps persönlichen Verfehlungen enttäuscht sind.

Zu diesem Zeitpunkt ist es aber selbstverständlich noch zu früh, um abzusehen, welche Seite sich am Ende durchsetzt. Wir gehen aktuell davon aus, dass Trump gegen einen Demokraten aus dem Partei-Establishment antreten wird und erwarten für dieses Szenario ein stabiles Wirtschaftswachstum im oder sogar über dem Trend. Sollte Trump die Wahl gewinnen, würde sich auf den Finanzmärkten folgendes Bild zeigen: Die Aktien und der US-Dollar dürften an Wert zulegen, während die Zinsen niedrig bleiben. 

 
Rechtliche Hinweise: Soweit nicht anders angegeben, beruhen die hier enthaltenen Ansichten auf Recherchen, Berechnungen und Informationen von Amundi Asset Management und haben den Stand 06.06.2019. Diese Ansichten können sich jederzeit ändern, abhängig von wirtschaftlichen und anderen Rahmenbedingungen. Es gibt keine Gewähr, dass sich Länder, Märkte oder Branchen wie erwartet entwickeln werden. Diese Veröffentlichung ist kein Verkaufsprospekt und stellt kein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Anteilen in Ländern dar, in denen ein solches Angebot nicht rechtmäßig wäre. Außerdem stellt diese Veröffentlichung kein solches Angebot an Personen dar, an die es nach der jeweils anwendbaren Gesetzgebung nicht abgegeben werden darf. Amundi Deutschland GmbH ist ein Unternehmen der Amundi Gruppe.